Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
„Mehr Bahn für alle“ Mit diesem Slogan wirbt die Deutsche Bahn seit Beginn des Jahres! Aber gilt das auch für den „Echten Norden“? Oder endet der Norden für die Deutsche Bahn in Hamburg?
Wir sprechen heute über eine bessere Verkehrsanbindung von Flensburg an den Fernverkehr. Es geht hier also nicht um den Halt an irgendeiner Milchkanne, sondern um Flensburg:
Die drittgrößte Stadt Schleswig-Holsteins. Fast 100.000 Einwohner im Stadtgebiet, im 12 km Radius um den Bahnhof leben ca. 200.000 Menschen, in der Grenzregion Sønderjylland-Schleswig über 700.000 Menschen. Wir sind das Oberzentrum im Norden und in der deutsch-dänischen Grenzregion, wir sind das Tor nach Skandinavien. Bisher konnten wir in guten drei Stunden nach Kopenhagen reisen. Mit dem Fahrplanwechsel ist dies so nun nicht mehr möglich.
Wir haben in Flensburg zwei Hochschulen, zahlreiche Fach- und berufliche Schulen, Gymnasien und weiterführende Schulen, zwei Krankenhäuser, sind Marinestandort, ein bedeutender Wirtschaftsraum mit einer florierenden Start-up-Szene und sind ein attraktives touristisches Ziel. Gäste, Soldaten, Schüler, Auszubildende, Studenten, Arbeitnehmer, Pendler oder Privatleute- wir alle sind auf eine vernünftige Bahnverbindung angewiesen.
Deshalb setzen wir uns heute hier, in diesem hohen Hause, für die Sanierung und den Ausbau der Strecke Hamburg-Padborg ein. Denn die Fahrtzeit dauert hier zu lange. Oft über zwei Stunden für die150km von Flensburg nach Hamburg, so dass man meistens seinen Anschluss nicht bekommt. Auch wäre ein neuer Haltepunkt direkt an der Strecke in Flensburg-Weiche eine Option. Verstehen Sie mich nicht falsch. Wir haben nichts gegen unseren Flensburger Bahnhof. Im Gegenteil, wir Flensburger lieben ihn, er liegt zentral, fußläufig zur Innenstadt und zum Campus, ist gut erreichbar, (per Rad für mich z.B. in 6 Minuten), aber auch mit Bus und Auto, es gibt Parkplätze, aber für die Bahn sei es ein Umweg ihn anzufahren.
„Die Flensburger Schleife führe zu Zeitverlusten“.
Wenn das bedeutet, dass die Fernzüge an Flensburg vorbeifahren, dann plädieren wir für den Haltepunkt in Flensburg-Weiche, gelegen an der Strecke nach Dänemark. Quasi unser Kassel Wilhelmshöhe. Auch der Rat der Stadt Flensburg hat sich fraktionsübergreifend im November einstimmig für einen guten Anschluss Flensburgs ausgesprochen. Ebenso setzen sich unsere drei Flensburger Mitglieder des Deutschen Bundestages, Petra Nicolaisen, Stefan Seidler und Robert Habeck für eine bessere Bahnanbindung der Grenzregion ein.
Auch wir, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, sprechen hier mit einer Stimme. Hängen Sie den Norden nicht ab!
Wie sieht es in vergleichbar großen Städten im Rest der Republik aus? Schwerin: 100.000 Einwohner täglich 56 Fernzüge, Wolfsburg: 125.000 Einwohner täglich 115 Fernzüge, Erfurt: 215.000 Einwohner täglich 141 Fernzüge, Kassel: 200.000 Einwohner täglich 215 Fernzüge, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
In unserer Landeshauptstadt Kiel (250.000 Einwohner) halten hingegen nur 14 Fernzüge, in Lübeck (218.000 Einwohner) 15 Fernzüge, in Neumünster (81.000 Einwohner) immerhin 26 Fernzüge, (die 14 aus Kiel kommend mitgezählt).
Und Flensburg, Einzugsgebiet 200.000 Menschen, künftig 0 Fernzüge?
Wenn es nach den Plänen der Deutschen Bahn geht, halten in den vier größten Städten Schleswig-Holsteins zukünftig insgesamt täglich gerade mal 56 Fernzüge, weniger als z.B. in Freiburg (230.000) mit täglich 74 Fernzügen.
Der Norden bleibt auf der Strecke!
Liebe Deutsche Bahn, wir Flensburger haben viel ertragen. Ich als regelmäßige Bahnfahrerin und Pendlerin zwischen Flensburg, Kiel und Berlin kann davon ein Lied singen:
Wir sind leidgeprüft. Aber diese aktuelle Entwicklung nehmen wir nicht hin! Auf ihrer Homepage schreibt die Deutsche Bahn: „Der Kampagnen-Claim „Mehr Bahn für alle“ fasst die großen Zukunftsprojekte der DB zur Steigerung der Reisendenzahlen und für mehr Klimaschutz zusammen.“
Dieses Ziel haben wir in Schleswig-Holstein auch in unserem Koalitionsvertrag ähnlich formuliert, ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin. „Unser Ziel ist, dass bis 2030 alle Züge des Schienenpersonennahverkehrs emissionsfrei fahren. Den Anteil des Schienenverkehrs an der Verkehrsleistung im Personenverkehr wollen wir auf 20-25 Prozent steigern.“
Wir brauchen mehr Verbindungen, nicht weniger! Wir unterstützen Sie gerne beim Ausbau und möchten Ihre Partner und Fahrgäste sein. Auch die Nah-SH und das Wirtschaftsministerium zeigen sich offen und kooperativ bezüglich des Ausbaus des Schienennetzes und der Haltepunkte in Flensburg. Schleswig-Holstein steht hier geschlossen zusammen.
„Mehr Bahn für alle“ Liebe Deutsche Bahn: Wir unterstützen Sie gerne dabei, Ihren Slogan im Norden mit Leben zu füllen!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.